CentrumMensch

Auch wenn das nicht im Arbeitsvertrag eines Gaildorfer Bürgermeisters steht: Der Rathauschef der Stadt muss mindestens zum Pferdemarkt auch ein ausgekochtes Schlitzohr sein. Wie der amtierende Ulrich Bartenbach.

Er gehört nicht zu den Vorlauten seiner Zunft, aber wenn es die Situation erfordert, kann der als eher stiller und besonnener Gentleman bekannte Gaildorfer Bürgermeister Ulrich Bartenbach auch anders - ganz gehörig lästern nämlich. Das wird von jedem hiesigen Stadtoberhaupt immer dann verlangt, wenn sich zum Pferdemarkt Prominenz aus Stadt und Land im Wurmbrandsaal des Alten Schlosses ein Stelldichein gibt.

Wie gestern Vormittag, als in der "guten Stube" der Stadt Stühle rasch zur Mangelwaren wurden und nach zweijähriger Pause wieder einmal ein amtierender Bürgermeister die Pferdemarktrede halten durfte und nicht - mangels Stadtoberhaupt - der Beigeordnete "ran" musste. "In der Bütt" stehend, lästerte Ulrich Bartenbach über alles, was ihn und die Stadt seit dem Pferdemarkt 2013 bewegt hatte. Er trat dabei "seinen" Stadträten ebenso mal sanft, mal grob gegen das Schienbein wie den Abgeordneten in Land, Bund und Europa.

Und auch wenn die eine oder andere Spitze manchem der mehr als 200 Amts-, Würden- und sonstigen Trägern gegen den Strich gegangen sein mag: Kein kluger Advokat dieser Welt wird sich die Blöße geben und dagegen vorgehen. Am Pferdemarkt herrscht (fast) grenzenlose Meinungsfreiheit. Das war schon immer so, und das gilt erst recht für den Umzug durch das Zentrum des Limpurger Landes.

Zurück in den Wurmbrandsaal, seit eh und je, wie Bartenbach versicherte, "absolut abhörsicher, also NSA-geschützt". Das Einzige, was nach außen dringe, seien die Inhalte nicht öffentlicher Sitzungen. Und - hiermit seis geschehen - auch sein Lob an Landrat Gerhard Bauer. Er und Klinik-Geschäftsführer Werner Schmidt hätten das (geschlossene) Krankenhaus "in CentrumMensch umgetauft und 20 medizinische Betriebe untergebracht. Schwer krank sei jedoch dich Ärzteversorgung, hier könne er, so Bartenbach, "nicht auf einen Wunderheiler warten".

Doch auch der Chef der Kreisverwaltung musste - wie die Abgeordneten (siehe unten stehende Dokumentation) ein paar Federn lassen, getreu dem Motto "Nomen est Omen". Wobei er, Bartenbach, sich nicht erlaube, den Landrat Bauer einen "Schweine- oder Sau-Bauer" zu nennen, sondern den "Er-Bauer eines neuen Landratsamts". Er hoffe nur, dass durch einen Neubau die Verschuldung des Landkreises nicht die Ausmaße des höchsten europäischen Berges annehme, des griechischen Schuldenbergs.

Ein Seitenhieb auch auf Halls Oberbürgermeister Hermann-Josef Pelgrim, der einmal laut über die Fusionierung der Landkreise Hall, Hohenlohe und Main-Tauber zu einem "Hohenlohelandkreis" nachgedacht habe. Zwar habe Pelgrim nicht gesagt, wo dann der Sitz des Landratsamts sein solle, "weil dies Sache der zuständigen Gremien sei. Doch werde er alles dafür tun", zitierte Bartenbach, "dass das Landratsamt nach Hall" komme.

"Du bleibst der Buddha vom Kochertal"

Dass sich der Bürgermeister im Zusammenhang mit der Polizeireform ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte, liegt in der Natur der Sache: "Wen", so Bartenbach laut sinnierend, "lade ich zum Pferdemarkt ein?" Die Polizeipräsidenten seien durch Gerichtsentscheid abgesetzt worden, "Ralf Michelfelder ist nicht im Amt". Als sich seine Frage an den Gaildorfer Polizeichef Thomas Just, ob denn der Bankräuber von Westheim schon geschnappt sei, vom Rosengartener Schultes Jürgen König mit einem verschmitzten "Demnächst" beantwortet wurde, entlud sich die Pferdemarktlaune der gut unterhaltenen Prominenten-Schar mit lautstarkem Beifall . . .

Viel gäbs noch zu erzählen oder auszuplaudern, was der Bürgermeister zu erzählen hatte. Etwa dass sein Amtsvorgänger Ralf Eggert, der OB in Calw ist und unter den Gästen weilte, und dessen Ehefrau Eva "dem demographischen Wandel entgegen" wirkten. Konkret: Es stellt sich Nachwuchs ein! Schmunzelnd blickte er auch auf seine vier Nachbarkollegen Bock (Sulzbach-Laufen), Rechtenbacher (Bühlerzell), Miola (Fichtenberg) und Trittner (Obersontheim), die sich zur Wiederwahl stellten. Allen gab er trostreiche Worte mit in den Wahlkampf - besonders dem Amtskollegen kocheraufwärts: "Lieber Markus, ich bin sicher, Du bleibst der Buddha vom Kochertal!"

RUNDSCHAU GAILDORF | KLAUS MICHAEL OSSWALD | 11.02.2014